| © Horst Bauer | Industrielle Ansichten | |
Mein Kommentar Kein Ventil, um Luft abzulassen, sondern Auseinandersetzung mit dem, was ich nicht ändern kann. |
Der Selbsterhaltungstrieb der Systeme Der Mißbrauch von Kindern in Internaten beherrscht derzeit die Medien. Zunächst entstand der Eindruck, das wäre ein Problem der katholischen Kirche. Nachdem das Eis nun gebrochen ist, kommen immer mehr Berichte an die Öffentlichkeit. Inzwischen geht das über die Internate hinaus, das allgemeine gesellschaftliche Problem wird aufgearbeitet. Man fragt sich: "Warum erst jetzt?". Schon früher berichteten Medien über solche Skandale. Anscheinend hatte aber niemand Interesse an der Aufklärung. Selbst Eltern geschädigter Kinder waren vom Glanz einer Eliteschule so geblendet, dass sie nichts unternahmen. Es konnte nicht wahr sein, dass in so renommierten Häusern gemeine Kriminelle ihr Unwesen trieben. Auch die Medien hatten offensichtlich Angst, sich an dem Thema die Finger zu verbrennen. Hinter der Schule standen einflussreiche Eltern, die um ihren Ruf fürchteten. Frühere Schüler wollten keinen Makel in ihrem Lebenslauf. Jeder, der sich wehrte, stand alleine einer feindlichen Armee gegenüber. Dieses kollektive Versagen erinnert an Vorgänge in der Industrie. Die Quälerei von Kindern in Fabriken und Bergwerken wurde jahrzehntelang geduldet. Bergleute starben jahrhundertelang frühzeitig an Silikose. Tausende von Menschen wurden krebskrank vom Asbeststaub, dem sie ausgesetzt waren, lange nachdem die Gefahr bekannt war. Gemeinsam ist diesen Erscheinungen, dass das Leiden Einzelner einer Mehrheit nutzte. Das System fordert seine Opfer, auch Menschenopfer. Das wird oft sogar von den Opfern selbst akzeptiert (was man aber von Minderjährigen nicht sagen kann). Irgendwann übernehmen aber die Opfer die Macht, dann kommt alles heraus und Systeme kollabieren. Arbeitsschutz statt Frührente, Kontrollen in Internaten, Sturz von Regierungen, Rücktritt der Verantwortlichen oder Bauernopfer. Schulvorstände werden ausgetauscht, Firmenchefs entlassen, vielleicht wird der Papst zurücktreten müssen, um die Kirche zu retten. Die Köpfe des Systems werden auch zu dessen Opfer, alles nur eine Frage der Zeit. Wir sollten einen jährlichen Gedenktag einführen für die Opfer des Selbsterhaltungstriebs der Systeme. |
|
| zum Anfang | weiter |
|